Dienstag, 28. Februar 2012

Essen ist eine Politische Handlung

Für mich, Sohn aus einem Akademiker Haushalt, waren Lebensmittel immer ein Teil dessen was ich bin. Der Vater stammt von einem kleinen Bauernhof auf der Schwäbischen Alb, aufgewachsen in der Kinderzeit der Bundesrepublik als jüngster von 6 Kindern. Der Umgang mit Tieren und all den Produkten die dort erzeugt wurden war und ist ihm schon von Kindesbeinen an bekannt. Die Erfahrungen die er in dieser Zeit gemacht hat (Hamsterfahrten der Städter, das Rupfen der Tauben und Hühner für die Mutter oder auch dass hektische Einbringen der Ernte im Herbst), hat er auch an mich und meine Geschwister weitergegeben. Egal ob durch Erzählungen oder das eigenhändige Anbauen von Gemüse im Garten - dass alles hat mich und meine Umgebung geprägt. Nicht Umsonst ist mein Bruder ein überzeugter Anhänger von Demeter und studierter Agraringenieur. 
Die Frage was Essen und Kochen eigentlich ist, beschäftigt mich schon geraume Zeit. Essen und viel mehr Kochen ist für mich eine art der inneren Einkehr. Das Verarbeiten von Produkten zu einer Mahlzeit, einem Menü ist viel für mich viel mehr als nur der simple Akt des Kochens an sich. Mir bereitet es Freude für mich, meine Freundin oder auch Freunde zu kochen. Die Entscheidung ein tolles Menü zu Kochen ist gewissermaßen auch immer der Versuch ein gewisses Maß an Anerkennung und Aufmerksamkeit zu erlangen - dass gebe ich zu. Zugleich ist es aber auch ein Ausdruck von dem was ich bin, wie ich denke - meiner Sicht der Welt.
Auf der einen Seite werden viele Produkte immer günstiger und sehen im Supermarkt aus wie uniformiert auf der anderen Seite gibt es Menschen wie mich die gerne auch etwas mehr für ein gutes Produkt ausgeben und dies Suchen und auch finden. 
Die Selbstverständlichkeit mir der perfekt gelbe Bananen, Hühnchen mit Einheitsgewicht und Erdbeeren im Dezember eingefordert werden ist erschreckend. Wer weiß wie viel Arbeit in einer Kartoffel, einer Stange Spargel oder auch einem Liter Milch steckt, der muss sich also fragen ob der Bezug den viele unserer Zeitgenossen zu Lebensmitteln haben nicht gewissermaßen ein Zeichen von "Spätrömischer Dekadenz" (Danke an Guido W.) ist.
Wenn in einer Wohlstandsgesellschaft wie es jene ist in der wir leben, Milchbauern für einen fairen Preis demonstrieren müssen kann an den Verhältnissen etwas nicht mehr stimmen. 
Die Entscheidung darüber, was wir jeden Tag Kochen und Essen ist also auch immer ein Statement dessen was und wie wir denken. 
Jedem Zeitgenossen sollte bewusst sein das Essen auch eine Politische Handlung ist - wie es der Protestveteran und Demokoch Wam Kat so schön gesagt hat. Aber es ist noch viel mehr als dass. Für mich ist es ein Bekenntnis zu der Region in der ich lebe und die ich liebe sowie meiner Wertschätzung für die ehrliche Arbeit die Bauern Tag täglich leisten. Meiner Meinung nach, ist die Art und Weise wie wir mit Lebensmitteln umgehen auch ein Spiegel unserer Zeit. Deshalb kann ich Wam Kat nur zustimmen wenn er sagt

Essen ist eine Politische Handlung.